Der erste Jahrgang der vor 2 Jahren gegründeten Lugala School of Nursing hat seine Ausbildung beendet. Nach einer zweiwöchigen Prüfungsphase wirkten alle recht müde, doch für die Vorbereitungen des großen Abschlussfestes hatten alle noch genügend Energie. Es ist immer wieder erstaunlich: hier geht im Alltag so vieles schief, aus Nachlässigkeit, Vergesslichkeit oder weil man einige Dinge einfach nicht wichtig nimmt, Sauerstoff- und andere Gasflaschen sind ganz plötzlich leer, Medikamente alle und nicht rechtzeitig nachbestellt, Geräte verlegt oder verschwunden, Wasserhähne sowieso dauernd kaputt – doch bei den Feiern klappt alles perfekt, von der Musik bis zur Bewirtung der Gäste, alles läuft nach einem sorgfältig ausgearbeiteten Plan. Doch diese Feiern veranstalten sie schließlich für sich selbst und das ist der große Unterschied.
Bevor das große Fest steigen konnte, waren natürlich die Prüfungen zu absolvieren, schriftlich, mündlich und auch praktisch musste das erworbene Wissen nachgewiesen werden. In geheimer Mission wurden die in einem Umschlag versiegelten Prüfungsunterlagen aus Ifakara abgeholt. Eigens dafür musste der Fahrer den Schuldirektor nach Ifakara bringen und mit ihm als einzigem Fahrgast zurückkommen. Nichts und niemand durfte im Auto mitgenommen werden. Wenn man weiß, dass es hier keine Schwierigkeit ist, ein Zeugnis passend zu machen, um geforderte Zugangsvoraussetzungen zu erfüllen, oder sich ein Abschlusszeugnis zu kaufen, scheint dies geradezu absurd.
Die beiden Prüfer hingegen wurden mit großer Begleitung abgeholt, Schuldirektor und beide Lehrerinnen ließen sich das nicht nehmen. Als beide Prüfer nach 2 Wochen wieder zurück gebracht wurden, wäre für weitere Personen im Landcruiser kein Platz mehr gewesen. Die Zuwendungen in Form von prall gefüllten Reissäcken dürften für das neu gefederte Fahrzeug eine Herausforderung gewesen sein.
Letzten Samstag war es soweit: Ganz stolz zogen die Nurses erstmals in ihren frischen blütenweißen Uniformen, die sie nun von den rosa gekleideten Schülern unterscheidet, auf das Festgelände und wurden von ihren Familien und dem Krankenhauspersonal - alle in großer Robe - mit Beifall erwartet. Mama Chogo nahm ihnen den hier obligatorischen und inzwischen auch uns bekannten Florence -Nightingale-Eid ab. Jede/r wurde einzeln mit musikalischer Begleitung nach vorn gerufen, erhielt das Zeugnis aus den Händen des Schuldirektors und anschließend Glückwünsche und Geschenke von Familien und Freunden.
Manche wurden mit bunt verschnürten Päckchen geradezu überhäuft und bei einigen kullerten sogar ein paar Freudentränen, weswegen sie blitzschnell in ihren Zimmern verschwanden. Dabei ist mir bewusst geworden, dass man hier nie jemanden weinen sieht, entweder gibt es Wehklagen und -schreien oder Jubelgesänge und Freudengeschrei, aber Tränen zeigt niemand.
Nachdem diese Zeremonie für die 45 Absolventen vorüber und alle Grußworte ausgetauscht waren, Schuldirektor und Lehrerinnen größere und kleinere Geschenke ihrer ehemaligen Schüler in Empfang genommen hatten - dann endlich wurden die Boxen bis zum Anschlag aufgedreht und die Gäste bewirtet. Diesen Part übernahmen die Schülerinnen des Folgejahrgangs. Wie üblich gab es die sehnsüchtig erwarteten süßen Brausen, gekocht wurde diesmal nicht nur Kuku (Hühnchen) sondern, wegen der vielen Gäste, eine Kuh. Die hatte es den Beteiligten vorher schwer gemacht, war nach dem Kauf ausgerissen und musste erst gesucht und wieder eingefangen werden.
Für 13 Absolventen hat das Hospital die Ausbildung ganz oder teilweise bezahlt. Diese sind nun verpflichtet, je nach Anteil des Sponsorings ein bis drei Jahre im Lugala Lutheran Hospital zu arbeiten. Der permanente Mangel an ausgebildeten Pflegekräften und Ärzten war vor einigen Jahren Anlass, diese Schule in Lugala zu gründen, bis zur endgültigen Zulassung im letzten Jahr ist viel Zeit vergangen. Im Oktober werden die Krankenpflegerinnen ihre Arbeit aufnehmen. Mama Chogo freut sich über die Erleichterung ihrer Dienstplanung auf den Stationen, aber dieser Zuwachs bedeutet auch einen enormen Sprung bei den Personalkosten – und das bei der zwar vor Monaten in großer Runde im Ministerium zugesagten anerkannten Bettenzahl aber noch immer unverändert für weniger als die Hälfte des Personals überwiesenen Gehältern.
Auch die anderen Absolventen haben keine Probleme, eine Stelle zu bekommen. Jedes Krankenhaus wird sie dankbar einstellen. So werden die jungen Frauen künftig einen nicht unerheblichen Anteil am Familieneinkommen haben und die Investition der Eltern in die Ausbildung ihrer Kinder hat sich gelohnt.
B.
Samstag, 27. August 2011
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Das war ja wieder einmal ein besonderer Tag für das Hospital. Hoffentlich erfüllen die "Neuen" auch alle Erwartungen, die an sie gestellt werden.
AntwortenLöschenEs ist ja erstaunlich, dass in dem Gelände die Kuh wieder gefunden und eigefangen werden konnte. In Deutschland sucht man schon seit Wochen die ausgerissene Kuh "Yvonne" unter Einsatz moderner Technik, weil sie angeblich eine Gefahr darstellt. Sie lässt sich aber nicht fangen, unter diesen Umständen hätte das Abschlussfest ausfallen müssen.