Donnerstag, 31. März 2011

Tatort Lugala

Ende Februar fuhren wir kurzentschlossen für 10 Tage nach Äthopien, es liegt von hier aus quasi vor der Haustür. Die aus Felsen gehauenen Kirchen von Lalibela wollten wir unbedingt einmal sehen und sie sind wirklich beeindruckend, ebenso Axum oder die alte Kaiserstadt Gondar mit ihrer untypischen afrikanischen Architektur. Es war ein abwechslungsreicher Kurzurlaub.

Am Abend unserer Rückkehr war Lugala plötzlich gar nicht mehr so beschaulich wie sonst. Wir saßen gerade bei Peter Hellmold zum Abendessen, draußen die üblichen Geräusche, laute Musik, Stimmen, Rufe, Motorräder, als unweit 4 Schüsse fielen. Die Situation war unheimlich. Es gab rundherum Tumult und Getöse und schon bald war in Erfahrung gebracht, was passiert war. Im Dorf gab es einen bewaffneten Überfall, ein kleines Lädchen wurde ausgeraubt. Die arme Frau hat ihre Tageseinnahme von ca. 50 Euro verteidigt und wurde zum Glück nur am Finger verletzt. Geschossen wurde offenbar „nur“ in die Luft. Den Tätern gelang die Flucht, doch von einigen Leuten wurden sie wohl erkannt. Unser Nachbar Nyangi hatte gleich den Wachmann der unserem Haus gegenüberliegenden Hospitalwerkstatt angerufen nach uns zu gucken, was ich sehr aufmerksam fand. Der war furchtbar aufgeregt, als er uns zu Hause nicht antraf und kam später extra noch einmal vorbei, um sich zu vergewissern, dass alles in Ordnung ist. Die Polizei war erstaunlich schnell zur Stelle und ein paar Tage später saßen die Täter hinter Gittern. Die Pistole blieb allerdings verschwunden.

Vor einigen Tagen wurde eine Frau auf dem Motorrad in`s Hospital gebracht, ein Bein baumelte herum, etliche Messerstiche, blutüberströmt, das Messer steckte noch im Hals. Ihr Ehemann hatte sie furchtbar zugerichtet. Dank sofortiger Operation und Bluttransfusion konnte sie gerettet werden und lag nun mit anderen Frauen im normalen Krankenzimmer, zwar noch schwach aber stabil. Sie würde sich erholen. Drei Tage später war das Hospital in helle Aufregung versetzt. Die Patienten werden von ihren Angehörigen versorgt und so brachte auch der Bruder der Frau das Abendessen – und Shamba-Medizin, wie die Leute ihre Spezialmixturen bezeichnen. 2 (!) Minuten später war die Frau tot – vergiftet. Alle stürzten sich auf den Mann, sperrten ihn in die Besenkammer und Wachmann Luhanjo wurde kurzerhand mit seinem Gewehr davor postiert. Ob der Bruder es nun besonders gut mit der Frau meinte, damit sie schnell wieder auf die Beine kommt oder ob die Familie glaubte, sie erhole sich nicht, liegt ihr nur noch auf der Tasche und wollte dies verhindern - wer weiß. Bei all`den verwendeten Wurzeln, Rinden und Blättern gilt natürlich: Die Dosis macht das Gift.

Die inzwischen hier in der Region halbwegs sesshaften Sukuma gelten wegen ihrer oft großen Kuhherden als vermögend. Oftmals haben sie auch verhältnismäßig viel Bargeld bei sich. Gestern Abend wurde ein Sukuma zusammengeschlagen und krankenhausreif verprügelt, nachdem er sich gerade an einer „Imbissbude“ irgendetwas zu essen kaufte. Offenbar wurde beobachtet, dass er Wechselgeld einsteckte und das sollte er loswerden. Beute: 8000 Tan. Shilling – ca. 4 Euro.

Trotz dieser Ereignisse der letzten Wochen fühlen wir uns hier nicht unsicher. Wahrscheinlich passiert viel mehr, von dem wir gar nichts mitbekommen und weit weniger als in den großen Städten oder anderen Ländern, nicht nur dieses Kontinents. Peter Hellmolds knapp 20- jährige Afrikaerfahrung trägt da auch zur Beruhigung bei. Er meint, er hätte noch nie erlebt, dass den in den Hospitälern arbeitenden „Wazungu“ etwas zugestoßen sei. Hoffen wir, dass es so bleibt.

B.







2 Kommentare:

  1. Also euer Bericht klingt spannender als unser Polizeibericht in Mitte,den Wedding mal ausgenommen...

    Ich hoffe ja mal auch sehr,dass euch nichts weiter passiert!

    Liebe Grüße,Claudia

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  2. Jenseits des Tales standen ihre Zelte.... Da ohne mail-Zugang dieser besondere Weg an diesem besonderen Tag. Die Zelte stehen in Andalusien gegenueber der Alhambra und es gratulieren mit besten Wuenschen Ines und Wolfgang

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