Dienstag, 9. November 2010

Tansania in drei Wochen

Drei Wochen war ich gemeinsam mit Vera Gast bei Beate und Peter. Nun erhalte ich die Ehre zu einem Gastbeitrag auf diesem Blog Tansaniaadventure.
Mein Versuch, eine strukturierte Geschichte über die Zeit in Tansania zu schreiben, will mir nicht gelingen. Vielleicht, weil Tansania keine vernünftige Struktur hat, vielleicht aber auch, weil mir die Übung fehlt. Bestimmt das Letztere. Daher die offensichtliche Willkür im Folgenden.

Habari … (Begrüßungen)

Wir mit unserem permanenten Drang zur Beschleunigung scheitern in Tansania schon bei der gegenseitigen Begrüßung. Bei mir war es eine einfache Frage nach dem Weg zum Bahnhof. Irritiert, mit Unverständnis im Blick und sehr zögerlich bekam ich mit einer Geste den Weg gewiesen. Was hatte ich falsch gemacht? In Tansania begrüßt man sich ausführlich!
Nach einer einführenden Frage nach dem Befinden, welche immer positiv beantwortet wird, kommt es zur obligatorischen gleichlautenden Gegenfrage. Diese wird – wie überraschend – natürlich ebenfalls positiv beantwortet. Dann kommen die Fragen nach Familie, Arbeit, Acker usw. Wenn dieser Dialog nach gefühlten fünf Minuten beendet ist, kommt man zum eigentlichen Thema. Das passiert uns u.a. bei einer Polizeikontrolle. Nach dem klassischen einführenden Palaver (übrigens eines der Worte aus dem Swahili, welches den Weg ins Deutsche gefunden hat) stellte der Polizist mit großer Freundlichkeit fest, dass unsere Versicherung abgelaufen sei. Nach 5 € für ihn privat und 10 € für die Versicherung konnten wir weiterfahren.
Was mir noch niemand beantworten konnte, wie funktioniert das hier mit dem Notruf? An welcher Stelle darf ich sagen, dass mein Haus brennt?

Kleiderspenden

Bisher hielt ich diese Sammelcontainer für sinnvolle Einrichtungen.Bisher!
Das Ergebnis unserer Sammlungen sind Kleiderversteigerungen auf den verschiedensten Märkten. Da stehen ca. 5 Männer auf der Ladefläche und bieten den unten stehenden Landsleuten laut durcheinander schreiend die Kleidungsstücke an. Der Höchstbietende bekommt dann das Kleidungsstück zugeworfen und weitere, zum Auktionsteam gehörende Männer, kassieren das Geld sofort ein. Wenige Meter von dieser Auktion sitzen die Verkäufer und Verkäuferinnen ohne Kunden vor ihren Geschäften. Ebenfalls daneben sitzen Näherinnen mit ihren Singer-Nähmaschinen und warten vergeblich auf Kundschaft. Mit unseren „Spenden“ aus Europa und Amerika können nicht einmal die geringen tansanischen Lohnkosten konkurrieren.
Wir Europäer zerstören auf diesem Weg die Möglichkeit zum Aufbau einer Eigenversorgung und damit den Weg zur Selbstständigkeit. Die Abhängigkeit von Europa und Amerika – die wir zu jeder Gelegenheit beklagen - zementieren wir einfach.

Kontrollierter Anbau

Nachdem wir „Teakmöbel aus kontrolliertem Anbau“ und mit dem entsprechenden Gütesiegel in Deutschland kaufen können und glauben, auch noch einen Beirag zur Industrie in Afrika geleistet zu haben, bekommt man in Tansania einen wunderbaren Einblick in die Bedeutung dieser Errungenschaft.
Kontrollierter Anbau bedeutet kontrolliertes Abholzen des Altbestandes. Kontrolle beginnt mit einer Brandrodung. Nachdem auch das letzte Tier, welches nicht rechtzeitig flüchten konnte, hier sein kontrolliertes Ende gefunden hat, werden mit fast schon deutschem Ordnungssinn in einem Abstand von 1,80 Meter die Teakbäume gesetzt. Dem so entstehenden Wald ist anzusehen, dass sich hier nicht mehr viel ansiedeln wird. Dafür ist den klaren Linien dieser Monokultur zu erkennen, dass das Einzige was hier noch Fortschritte machen wird, die Bodenerosion ist.

Sauber! oder wie der Tansanier sagen würde „Safi!“.

Hilfe für Afrika

Seit vielen Jahren fließen Millionen von Fördermitteln nach Tansania. Allein Deutschland hat seit 1962 insgesamt 1,6 Millarden EURO (€ 1.600.000.000,00) an Entwicklungshilfe überwiesen. Für die Jahre 2009 bis 2011 sind ebenfalls ca. 50 Millionen EURO Entwicklungshilfe pro Jahr zugesagt. Dazu kommen jährlich noch einmal ca. 10 Millionen EURO Budgetunterstützung.

In zwei Jahren ist Jubiläum! 50 Jahre Entwicklungshilfe für ein Land, bei dem die Entwicklungshilfe ca. 40% des Staatsbudgets ausmacht. Auch wenn das Land aus unserem Blickwinkel stabil wirkt, scheint hier die Entwicklungshilfe die regelmäßige Portion Beruhigungsmittel zu sein.

Sicher fehlt mir hier Hintergrundwissen! Aber es erscheint nicht zu funktionieren – das mit der Entwicklungshilfe. Nach 50 Jahren sollten vielleicht Mittel und Wege neu durchdacht werden.

Die tote Mutter und die Toilette

Im Krankenhaus in Lugala starb eine junge Frau. Niederschmetternd daran ist, dass die schwangere Frau und ihr ungeborenes Kind verstorben sind, weil kein Fahrzeug verfügbar war um sie rechtzeitig ins Krankenhaus zu bringen. Sie hatte seit dem Vorabend auf ein Fahrzeug gewartet. Wenige Minuten nach ihrem Eintreffen im Krankenhaus starb sie. Ursache war eine Uterusruptur. Bei der Einlieferung befand sie sich im haemorhagischen Schock. Sie hinterlässt drei kleine Kinder.

Am gleichen Morgen, kurz nach dem Tod der Frau, fuhren im Krankenhaus zwei Wagen ein. Eine Delegation des Distrikts, politische Vertreter der Division, Parteivorsitzende, der Hygienebeauftragte des Distrikts und die Polizei. Diese Delegation hatte ein gravierendes Problem zu lösen.
Eine Woche vorher wurden im Gästehaus des Krankenhauses „Staatsgäste“ beherbergt. Diese Gäste mussten tatsächlich, während sie auf der Toilette des Gästehauses saßen, auf eine mit Ölfarbe gestrichene Wand sehen. Gerade ein tansanischer Staatsgast hat das Recht auf eine 1,50m hoch gekachelte Wand zu schauen, während er auf der Toilette sitzt. Am Nachmittag kamen dann zwei weitere Staatswagen, diesmal um die Konstruktion zweier Außentoiletten abzustimmen.

Prioritäten?

Abschluss

Was auch immer in diesem Beitrag steht, Tansania ist ein wunderschönes Land. Der Boden ist fruchtbar, die Tierwelt ist reichhaltig und die Menschen sind grundsätzlich freundlich und wohlwollend.

Hallo Beate, Hallo Peter,
vielen Dank.

Uwe

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