Montag, 23. Januar 2012

Mafuta

"Mafuta” heißt sowohl Öl als auch Diesel und letzterer ist wie eine Art Zweitwährung, zumal hier in dieser landwirtschaftlich dominierten Gegend mit einigen Traktoren im Einsatz. Der Preis für Diesel ist in den vergangenen zwei Jahren von etwa 1.600 auf aktuell 2.400 Tsh/l (ca. 1,20 €) gestiegen und jeder Besitzer einer „shamba“ (Ackerfläche) versucht, irgendwie billig an Diesel zu kommen. Das Hospital verbraucht beträchtliche Mengen Diesel beim abendlichen Generatorbetrieb zur Stromerzeugung und lagert diesen im eigenen Tank. Bei Bedarf werden beide Generatoren mit zwei Kanistern aufgefüllt, die an einer Zapfsäule betankt werden. Diese Menge wird in ein Buch eingetragen- bei einer Kontrolle müsste also beides übereinstimmen - mittels Messstab gemessene Menge im Tank und in`s Buch eingetragener Verbrauch, zumal der Zapfhahn zweifach abgeschlossen ist und diese beiden Schlüssel sicher verwahrt werden.
Schon in der Vergangenheit war es zu unerklärlichen Differenzen bei der Kontrolle gekommen. Als im Februar des vergangenen Jahres eine Buchprüfung angekündigt wurde, haben wir sicherheitshalber wieder den Tankinhalt mittels Messstab nachgeprüft und mit unserem Buch verglichen: es fehlten über 400 (!) Liter und wieder keine Erklärung dafür...
Irgendwann in Laufe des Sommers wurde mir von einem (wohlgesinnten) Mitarbeiter dringend empfohlen, die Schlösser an der Zapfsäule auszuwechseln- eine Maßnahme, die man hier ohnehin halbjährlich/jährlich durchführen sollte. Wir haben auf Grund dieses Hinweises neue Schlösser gekauft und noch einmal den im Buch eingetragenen Verbrauch mit der manuellen Messung verglichen: wieder fehlten über 400 Liter. Offenbar existierte noch ein zweites Schlüsselpaar (oder Nachschlüssel) und es war mehr als einfach, während des abendlichen Generatorbetriebs sich die gewünschte Menge Diesel an der Zapfsäule abzufüllen.
Das Betanken der Kanister besorge ich immer selbst; einfüllen muss es der Mitarbeiter, der gerade für den Generatorbetrieb verantwortlich ist. Bei einer spontanen Kontrolle im Generatorraum habe ich dann einen vollen, nicht eingefüllten Kanister vorgefunden. Die Erklärung: die Generatoren seien voll gewesen (was sie auch waren) und der Kraftstoff sollte später nachgefüllt werden.... Der Diebstahl war ziemlich offensichtlich und hätte eigentlich mit der Entlassung geahndet werden müssen. Die Bereitschaft zu dieser Maßnahme war jedoch bei den „Entscheidungsträgern“ des Hospitals nur sehr gering und mir ist klar geworden, dass viele von diesem preisgünstigen Dieselbezug profitiert haben müssen. Als nämlich während der Erntezeit der Traktor des Hospitals an Mitarbeiter ausgeliehen wurde, hat nicht ein einziger nach Diesel nachgefragt und der Traktor war immer betankt....

Nach einigen Tagen habe ich festgestellt, dass sich jemand am Zählwerk der Zapfsäule zu schaffen gemacht hatte- die einzelnen Zahlenscheiben waren verdreht, gingen nicht mehr auf Null zu stellen und die Anzeige war ein bisschen unübersichtlich. Um dennoch die Kontrolle etwas zu verbessern, habe ich festgelegt, dass bei jedem Wechsel des Verantwortlichen für den Generatorbetrieb monatlich der Füllstand im Tank gemssen und vermerkt wird. 14 Tage später war der Messstab verschwunden. Daraufhin habe ich aus einem langen Stahlstab einen provisorischen Messstab gefertigt: die ‚Buchmenge‘ war der Nullpunkt, den haben wir markiert, 200 Liter abgefüllt, wieder markiert und diese Markierung auf den ganzen Stab übertragen. Das Abfüllen geschah mit zwei Kanistern, auf denen ein Strich/Eichmarke genau 20 Liter anzeigen sollte- hat man mir versichert...Nach fast zwei Jahren hier im Land ist man immer ein bisschen misstrauisch und eine Nachkontrolle hat ergeben, dass die Markierung nicht 20 Liter, sondern 25 Liter anzeigte. Wir hätten also mit jedem Kanister 5 Liter mehr als dokumentiert eingefüllt und das wäre dann wieder die „frei verfügbare Masse“ gewesen. Nun bin ich gespannt, ob ich in den wenigen verbleibenden Wochen noch eine weitere Überraschung erlebe....
P.

2 Kommentare:

  1. So weit sind wir nicht mehr weg von den afrikanischen Verhältnissen. Hier vergeht fast kein Tag ohne Zeitungsmeldung, das Tanks aufgebohrt wurden und Diesel abgezapft wurde.
    Anfangs hauptsächlich bei abgestellten Land- und Baumaschinen und jetzt auch bei PKW´s auf offener Straße....und das im reichen Deutschland von Leuten, die sicher mehr Geld haben als die Menschen in Lugala. Das soll allerdings nicht die Machenschaften im Hospital rechtfertigen. E.

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  2. Der Zweifel ist kein angenehmer Zustand.
    Gewißheit jedoch ist ein lächerlicher Zustand.

    Voltaire

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