Samstag, 24. Juli 2010

Mein Besuch in Lugala

Nach einem anstrengenden Flug war ich froh, in Dar Es Salaam gut gelandet zu sein und wieder Boden unter den Füßen zu haben. Am Flughafen bei der Visumausgabe erwies es sich als Vorteil, mit Krücken unterwegs zu sein – auf die ich angewiesen war, nachdem ich mir anderthalb Wochen vor der Abreise einen zweifachen Bänderriss im Sprunggelenk zugezogen hatte und der Afrikaaufenthalt nicht so leicht „vom Fuß“ gehen sollte, wie geplant – ich wurde nach vorn gerufen. Den Sicherheitsbereich verlassend, war die Freude groß, Mutti und Peter nach 4 Monaten wieder zu sehen. Nach ein paar Stunden bei einem Glas Brause am Meer stellten wir aber fest, dass es sich doch so anfühlt, als hätten wir uns letzte Woche erst gesehen.


Nach dem anstrengenden Flug, fand ich, hatte ich mir ein Stück Kuchen und eine Eiskugel verdient. :-)





Am nächsten Tag machten wir uns nun auf den Weg nach Lugala. Der Straßenverkehr erwies sich als echtes Abenteuer und zugegebenermaßen auch als risikoreich. Ich war jedenfalls froh, als wir zunächst unser Zwischenziel erreichten - den Mikumi-Nationalpark.

Durch diesen führt eine Schnellstraße und das ist sie in den Augen der tansanischen LKW-Fahrer leider auch wortwörtlich. Die Tiere stehen direkt neben und aufgrund des Seitenwechsels auch mitten auf der Fahrbahn. Die meisten Fahrer brettern mit ihren bremsschwachen Fahrzeugen durch den Park – nur interessiert am schnellen Ankommen, aber nicht am Überleben der Tiere.

Wenden wir uns aber wieder den schönen Dingen zu – dem Anblick der friedlich futternden Tiere, die sich auch auf 3m Entfernung nicht stören und bereitwillig von uns fotografieren ließen.


Elefanten an der Straße





Am darauf folgenden Tag hatten wir beim Besuch des Mikumis Glück. Elefanten, Giraffen, Zebras, Büffel, Nilpferde, Affen – alle konnten wir aus nächster Nähe bestaunen.





neugierige Giraffen und Zebras




Viele Tiere hatten Junge, dessen niedlicher Anblick vor allem bei Mutti zu freudigen Jauchzern führte.

Nach diesem Zwischenaufenthalt ging es nun wieder über Straßen, die bei uns als schlechte Feldwege ausgewiesen sind und max. mit 30km/h befahren werden. Hier donnert man sie eben mit 80km/h lang…wieder war ich froh, abends gut angekommen zu sein – nun endlich in Lugala.

Ich weiß gar nicht so recht, was ich erwartet hatte. Fest stand: wir sind wirklich im afrikanischen Busch gelandet.

Das Erste, was mir in den Sinn kam, beim Anblick der Hütten, war: Das sieht hier ja aus wie in der Steinzeit. Lehmhütten mit Strohdach, davor die Feuerstelle. Hühner laufen wirklich überall lang. Vereinzelt gibt es kleine Steinhäuschen. Das war’s. Im krassen Gegenteil dazu steht, dass hier jeder, ob er es sich leisten kann oder nicht, ein Handy hat. Es gibt bunte Tücher und Kleider, Gummistiefel und Plastikeimer. Aber alle leben im Dreck.


Lehmhütten in Lugala




Wenn die Leute etwas brauchen, gehen sie in die – für sie – große Stadt, also ins Nachbardorf Malinyi. Hier gibt es zumindest einen „Markt“, eine „Ladenstraße“ und sogar eine Bar.


Shoppingmeile und Bar in Malinyi





Täglich brachte ich meinen Spießrutenlauf hinter mich – der Weg von unserem Wohnhaus zum Krankenhaus. Es sind gerade einmal 200 Meter. Aber auf diesen 200 Metern wurde ich durchleuchtet und angestarrt, als wäre ich gerade vom Mond gelandet. Gut, Weiße kennen sie hier schon. Aber eine mit blauen Krücken und roten Reflektoren – das war etwas Neues. An die Blicke habe ich mich bis jetzt, nach einer Woche Lugala, nicht gewöhnt. Schnell hatte sich überall herum gesprochen, dass ich da bin. Täglich standen neue Menschen vorm Krankenhaus und erwarteten mich mit ihren neugierigen Blicken.

Aber sonst kann man sich mit den Gegebenheiten doch anfreunden, solange man nicht weiter darüber nachdenkt, dass man weit abgeschnitten ist und sich in einer ganz anderen Welt befindet.

Die Menschen hier sind nett, haben aber merklich eine andere Mentalität. Mit alten Autobatterien wird überlaut Radio gehört. Im Krankenhaus brennt die ganze Nacht Licht trotz Schlafenszeit. Tanks werden leer gefahren, die Fahrzeuge einfach wieder abgestellt. Charles gießt im Überfluss die Blumen. Alles wird verbraucht, ohne sich Gedanken darüber zu machen, was passiert, wenn’s denn mal alle ist. Alles was da ist, wird auch verbraucht. Das Wort „Planung“ findet hier keine Kenner und Freunde.

Zum Mittag gab es bei uns das, was angeboten wurde. Mal kommt jemand mit (gerade geschlachtetem) Rindfleisch vorbei, der Nächste bringt ein (noch lebendes) Hühnchen mit oder hat frisch gefangenen Wels im Angebot. Es gibt Reis, Kartoffeln und einige tansanische Beilagen. Obst und Gemüse gibt es auch. Darüber müssen wir uns keine Gedanken machen - die Menschen hier aufgrund ihrer Armut natürlich schon. Etwas hartes Fell muss man schon haben, um sich das jeden Tag angucken zu können.

Morgen reisen wir nun ab aus Lugala und verbringen noch ein paar Tage auf Sansibar zur Erholung. Die Fahrt von Lugala, zunächst zurück nach Dar Es Salaam, dauert länger als der Flug von Deutschland nach Tansania…

Während ich nun hier sitze und schreibe, kam noch jemand zu Besuch – für mich, er wollte mich kennen lernen. Nach etwas Verwunderung, wer mich denn hier besuchen will, stellte sich heraus, dass es sich um den örtlichen „Polisi“ handelt. Wie unterhielten uns über unsere Arbeit, stellten fest, dass unsere beiden Länder grundverschieden sind und verabschiedeten uns. Vielleicht gibt es ja ein Wiedersehen, auch mit allen anderen.


Claudia

Donnerstag, 8. Juli 2010

Große Ernüchterung

Der schöne Traum ist zu Ende. Nun empfinden wir es als Vorteil, fern jeglicher Berichterstattung zu sein. Hier gibt es keine Zeitung, kein Radio, kein Fernsehgerät (außer für Fußball und Bollywood) und so werden wir –wenn wir nicht in´s Internet schauen - an den gestrigen Fußballabend nicht mehr erinnert.
Hier lebt man im Heute und Jetzt, was gestern war, ist vorbei und was morgen sein wird, darüber macht man sich heute keine Gedanken. Auf den Fußball bezogen haben wir diese Situation nach dem unglücklichen Ausscheiden Ghanas erlebt. Die tanzanische Mannschaft hat noch nie in einem bedeutenden Turnier gespielt und so hofft man natürlich auf den Erfolg anderer afrikanischer Teams. Während der dramatischen Schlussphase und des Elfmeter-Krimis stand die Hütte im wahrsten Sinne des Wortes Kopf. Nach dem Aus löste sich die Fernsehgemeinschaft ganz schnell auf, alle trotteten mit hängenden Köpfen nach Hause und am nächsten Tag hat niemand mehr von diesem Ereignis gesprochen. Und so hat auch uns heute einfach der normale Alltag wieder mit den finanziellen Zwängen des Hospitals. Peter plant mit Mr. Njaala Veränderungen des Personaleinsatzes, um mit Arbeitszeitverschiebungen und Schichtarbeit endlich die vielen Überstunden abzubauen, ich werde aus einem Zettel mit handgeschriebenen Prüfungsfragen für die Schwesternschülerinnen einen ordentlichen Fragebogen entwerfen und anschließend zum dritten Mal wegen eines Stempels zur Beglaubigung von Zeugnissen in`s „Bürgermeisterbüro“ nach Malinyi fahren. Doch heute Nachmittag werden wir ganz bestimmt nachlesen, was die Presse in Deutschland schreibt und noch einmal ein bisschen traurig über das enttäuschende Spiel und das Ende des Traums vom WM-Titel sein. Diese Mannschaft hätte ihn verdient.

Auch diese Jungs hat das Fuß"ball"fieber erfasst

Mittwoch, 7. Juli 2010

Jua umeme - Sonnenstrom

Seit einer Woche versorgt die Sonne unser Haus mit Strom. So haben wir nicht nur während der 3 abendlichen Generatorstunden Licht, sondern auch in der Dämmerung vor 19.00 Uhr und wir müssen nach 22. 00 Uhr nicht mehr mit der Taschenlampe ins Bett gehen. Wichtiger als die zusätzlichen Stunden mit Licht ist aber unser nun durchgängig funktionierender Kühlschrank. Das Leipziger Missionswerk hat die Anlage für das Haus gesponsert, für unseren Hospitalfundi Mr. Kuandika war die Installation eine willkommene Abwechslung zu seinen alltäglichen Arbeiten. Charles hat sich als Handlanger betätigt. Natürlich war die Installation mit ziemlich viel Dreck verbunden, die Leitungen mussten schließlich vom Dach durch die Decke und Emma war in „ihrer“ Küche die Leidtragende.

Für gestern hatte sich ganz kurzfristig Mr. Matimbwi angekündigt, der seinerzeit die Solaranlage des Hospitals mit späteren Erweiterungen ausgelegt und eingebaut hat. Mr. Matimbwi ist Ingenieur, hat in Dar und Magdeburg studiert, schreibt zur Zeit seine Masterarbeit in Münster, spricht demzufolge gut deutsch, hatte auch die Anlage für unser Haus in Dar ausgewählt und weilt ein paar Tage auf Heimaturlaub in Lugala. Das passte gut, denn so haben wir uns die Wirkungsweise des kompletten Solarsystems der Hospitalanlage, einschließlich des Wechsels zum Generatorbetrieb, erläutern lassen. Für uns ist es wichtig, diese Zusammenhänge zu verstehen und zu wissen, wann welche Geräte an- bzw. ausgestellt werden müssen. Die Anlage gehört zum Verantwortungsbereich des Verwalters und hatte mit ihren zeitweiligen Ausfällen Probleme bereitet und uns mit nichtssagenden Signaltönen und Anzeigen vor Rätsel gestellt. Leider wurde die vorschriftsmäßige Wartung nicht ernsthaft genug betrieben und ein Batteriestrang muss nun vorzeitig komplett erneuert werden, das bedeutet einen herben Schlag in´s Kontor.

Die Sonnenenergie reicht natürlich für die Stromversorgung nicht aus und für einen konstanten Betrieb der medizinischen Geräte gibt es unseren Generator, der in den Abendstunden nicht nur für Licht sorgt, sondern auch die Batterien auflädt. Einmal jährlich wird Diesel gekauft. Nach dem Ende der Regenzeit und einigermaßen befahrbaren Straßen werden 10.000 l geliefert.


10.000 Liter Diesel

Wegen der diesmal außergewöhnlich langen Regensaison musste zwischenzeitlich schon in Kanistern von der Tankstelle in Malinyi Diesel gekauft werden, denn unser Tank war leer. Letzte Woche wurde nun die Ankunft des Fahrzeugs angekündigt und als wir in Erwartung des Tanklasters zum Hospitaltank kommen, können wir unseren Augen kaum trauen - 10.000 l Diesel in zerbeulten 150 l Fässern auf einem TÜV-untauglichen LKW.

Das Umfüllen der insgesamt 67 Fässer mit einem dünnen Schlauch hat etliche Stunden in Anspruch genommen. Die Reste wurden über einen selbstgebauten Trichter in den Tank geschüttet, seine Zigarette hat der Fahrer dankenswerterweise etwas abseits geraucht.

Bis zum letzten Tropfen wird jedes Fass geleert

Leider ist es schwer, Mitarbeitern und Patienten zu vermitteln, dass die Stromversorgung eine ausgesprochen teure Angelegenheit ist. Für sie ist das Licht eben einfach so da. Auf dem Markt wird um jede Bohne gefeilscht, um ja den günstigsten Preis zu erzielen, doch das Licht kostet schließlich nichts. In den Dörfern haben die Leute nur ihr abendliches Feuer vor der Hütte, da möchte man den Komfort im Hospital genießen und das Licht brennt auf den Stationen die ganze Nacht...

Donnerstag, 1. Juli 2010

Ein Arbeitsbericht

Heute gibt es weniger Stimmungsbilder, eher einen Problem- und Arbeitsbericht.
Über unsere positiven Eindrücke haben wir schon ausreichend geschrieben. Nachfolgend ein Auszug aus dem Quartalsbericht an das Leipziger Missionswerk.

Eine ungewöhnliche Aufgabe und Herausforderung hatten wir erwartet, aber auf die alltäglichen Sorgen und Schwierigkeiten im Hospital konnte man sich in Deutschland nicht vorbereiten.
In Lugala fühlen wir uns fast wie zu Hause und würden uns absolut heimisch fühlen, wenn die Kinder nicht immer wieder „Mzungu-Mzungu“ rufen und uns an unsere Herkunft erinnern würden.

Die medizinische Versorgung im Hospital ist, gemessen an den Möglichkeiten, wirklich gut. Natürlich gibt es Wünsche und anspruchsvolle Vorstellungen. Aber die gibt es auch in jedem Krankenhaus in Deutschland und moja kwa moja wird hier wohl einiges noch verbessert werden können. Die eigentliche Schwierigkeit ist, dass es nur eine rudimentäre Verwaltung und einen absolut unübersichtlichen Finanzstatus gab. Die Vielzahl der Aufgaben und damit verbundene Probleme in der Verwaltung soll später einmal geschildert, in diesem Bericht soll nur über das Wichtigste- über Geld, berichtet werden.
Das Hospital finanziert sich aus eigenen Einnahmen und Zuschüssen verschiedener Geldgeber. Die Zuwendungen des Staates sind für die Löhne, wobei bedeutend weniger Geld zur Verfügung gestellt wird als es entsprechend dem Einzugs-/Versorgungsgebiet und der Bettenzahl der Fall sein müsste. Eine Änderung ist vorerst nicht in Sicht und ein Besuch in dieser Sache im Gesundheitsministerium kann so richtig deprimierend sein. Daneben gibt es Geld von Tunajali (ein amerikanischer Fond) für alles, was mit HIV/AIDS in Verbindung gebracht werden kann. Bei dieser Unterstützung sind die Ziele ziemlich stringent definiert. Weiterhin gibt es Mittel vom Basketfund, SOLIDARMED, AMREF u.a., ohne das hier im Einzelnen zu beschreiben. Alle diese Gelder wurden bis vor wenigen Wochen zu einer großen Summe zusammengefasst und trotz unterschiedlicher Zielsetzung je nach Bedarf verwandt. Dadurch konnte niemand exakt sagen, wie weit der jeweilige Fond gerade ausgeschöpft und damit der finanzielle Status des Hospitals war. Selbst eine einfache Buchführung mit täglichen Einnahme-/Ausgabebelegen gab es praktisch nicht.
Aus dem Gesamtbudget wurde auch ein Darlehensprogramm des Hospitals für die Mitarbeiter finanziert (sehr sozial, ohne Zinsen bis zu 500.000 TSh). Die Rückzahlungen gingen aber ebenfalls in den „großen Topf“. Allgemeine und Finanzverwaltung lasteten auf nur einer Person, (Mr. Njaala) und dieser war – auch bei gutem Willen und trotz zahlreicher unbezahlter Überstunden - hoffnungslos überlastet. Zu dieser fehlenden finanziellen Transparenz und ungelösten Problemen in der Administration kommen noch zwei weit bedeutendere Schwierigkeiten. Zum einen hatten die Beschäftigten im vergangenen Jahr eine Gehaltserhöhung (rückwirkend für das gesamte Jahr 2009) erstritten. Die Geldgeber zahlten die Zuschüsse aber weiterhin nur in gleicher Höhe wie bisher und auch die Patienteneinnahmen konnten nicht beliebig erhöht werden. Zum zweiten wurden trotz höherer Gehälter alle zusätzlichen Vergütungen für die Angestellten beibehalten. Diese allowances oder charges for extra dutys sind teilweise absurd hoch. So bekommt ein Mitarbeiter für ein 3-Tages-Seminar in Morogoro, Arusha oder einer anderen größeren Stadt 250.000 TSh, dies entspricht ungefähr einem Monatsgehalt. Daneben gibt es unangemessene Extravergütungen für Rufbereitschaft, Überstunden oder auch nur für die Teilnahme an Qualifizierungsmaßnahmen. Hier wurde ein System – das sicher als Motivation einmal gut gedacht war – ad absurdum geführt. Während in den vergangenen Jahren das Hospital immer gerade so per Saldo eine schwarze Null geschrieben hat, ist durch die oben beschriebene Entwicklung ein strukturelles Defizit entstanden. Das bedeutet einen monatlichen Verbrauch von 3,8 bzw. 2,7 Mio TSh des Stammkapitals je nachdem ob man konservativ oder kreativ rechnet.
Was bedeutet das? Das Hospital ist weit und breit der größte Arbeitgeber und eine ganze Region ist nicht nur auf die medizinische Versorgung durch dieses Krankenhaus angewiesen. Das Hospital sichert auch direkt und indirekt ein dauerhaftes, wenngleich für manche nur bescheidenes Einkommen für die Angestellten und deren Familien – wobei eine afrikanische Familie auch als Clan beschrieben werden kann und nicht mit einer Familie in Deutschland zu vergleichen ist.
Die gerade erhöhten Löhne können und sollen auf keinen Fall wieder reduziert werden. Damit bleiben nur drei Möglichkeiten: man kann Personal einsparen, die übrigen Kosten kappen und/oder die Arbeitsorganisation verbessern. Personal – zumal wenn es qualifiziert und zuverlässig sein muss- kann nicht eingespart werden. Die Stellen in den einzelnen Stationen sind knapp besetzt, in anderen Bereichen, z.B. im Labor, gibt es zuviel Personal, bleiben noch die übrigen Kosten und die Arbeitszeit. Zuerst könnte das allowance – Unwesen geändert werden. Das Krankenhaus hat in den vergangenen Wochen und Monaten die Entsendung von Mitarbeitern zu nicht unmittelbar die tägliche Arbeit betreffenden Seminaren, bei denen es selbst die Tagegelder zahlen musste, ausgesprochen restriktiv gehandhabt. Weiterhin ist es in Deutschland z.B. üblich, in den Krankenhäusern bei Rufbereitschaft für Wartezeiten nur einen geringen Betrag zu zahlen, für tatsächliche Einsatzzeiten erheblich mehr. Hier in Lugala hält sich jeweils ein Labor- oder OP- Mitarbeiter jede Nacht im Hospital auf, obwohl er ohnehin in unmittelbarer Nachbarschaft wohnt und höchstens zweimal pro Nacht in Anspruch genommen wird, meistens nie. Er bekommt die „verwartete“ Zeit aber ausgesprochen großzügig vergütet. Weiterhin machen die Mitarbeiter im OP abwechselnd nach ihrer Dienstzeit Überstunden mit Sterilisationsarbeiten. Diese können erst nach 19 Uhr erledigt werden, da es erst dann ausreichend Strom durch den Generatorbetrieb gibt. Es ist naheliegend, dass sich diese Überstunden mit Arbeitszeitverschiebungen vermeiden lassen. Flexible Arbeitszeiten sind hier bisher unbekannt. Auch damit könnte man viel Geld sparen.
Natürlich sind all das willkommene Hinzuverdienste und es wird bei der Einführung neuer Regelungen erhebliche Widerstände geben. Aber aus diesen Darstellungen wird auch klar: Wir müssen im Laufe der nächsten Monate eine vernünftige Finanzstruktur finden, müssen den Angestellten die notwendigen Schritte immer wieder erklären und müssen auf ihre Mitarbeit setzen. Andernfalls wird das Hopital mittelfristig vor dem Bankrott stehen (die benachbarte Tumaini Secondary School erlebt das gerade).
Ich muss ein bisschen um Verständnis bitten. Der vorliegende Bericht ist – abweichend von bisher üblichen Rundbriefen – ziemlich administrativ und finanzlastig geworden. Doch gerade deshalb sind wir hier in Lugala und ich hoffe sehr, dass es neben dem, was wir persönlich bewirken können, auch noch ein‘ Mungo anisaidie‘ gibt.
Oder wie meine Großmutter zu sagen pflegte: Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott.

Dr. Peter Gundermann